Auf der Zunge ein schaler Nachgeschmack - täglich serviertes Einerlei aus den Trivialitäten des Alltags - Blähungen des Wohlstands und Stillosigkeiten inbegriffen. Am Sonntag lernen wir bei SF DRS alles über schweizerische Niveaulosigkeit à la Lüthi & Blanc, alsbald werden wir zu Zeugen unsensibler Traumjob-Selbstdarstellung im helvetischen Kleinformat des veritablen Trump-Originals. Am Dienstag schliesslich lernen wir im Zischtigsclub dann auch noch, was es heisst, als Frau Karriere zu machen und den powerlosen Zustand des schweizerischen Frauseins so richtig sattsam zu beklagen. Und all dies auch noch, nachdem wir am Freitag zuvor in der Arena zu Zeugen politischer Ratlosigkeit wurden - angesichts monatlich wachsender Explosion von Sozialhilfeempfängern. Der Rat der Weisen - erneut ratlos.
Da fühlt man sich reif, in der Gesundheitssprechstunde "Puls" den eigenen Puls zu messen - und wird sich nach einigen blutigen Sendeminuten nicht nur der eigenen Mortalität bewusst, sondern die ersten Symptome auch fühlen. SF DRS macht nicht fit, nicht froh, nicht milde.

Unser Staatsfernsehen heizt vielmehr auf und stachelt an - als seltsame "idée suisse" inmitten eines Treibhausklimas politischer Lager, die Schere zwischen arm und reich, männlich und weiblich, krank und gesund, erfolgreich und erfolglos, ehrlich und schmarotzend. Die "Schweizer Idee" vermittelt nicht, sie provoziert. Sie dreht an der Spirale unversöhnlicher Gegensätze – genauso polarisierend etwa, wie die mit Konzessionsgeldern auf "Einfach und luxuriös" geschickten Reisenden round the world - arm und reich- im Hotel fünf- und einsternig unterwegs. Welch seltsames Erlebnis für eben diese Sozialbezüger und Menschen auf Jobsuche. Wenn Medien die Realität bilden, dann ist dies fatal für die Schweiz. Das Klima ist heiss und kalt, im Wasserbecken auf SF DRS schwimmt ein symbolträchtiger Hai zur Ueberbrückung von Sendesekunden. Zufall oder nicht? Zynismus oder Freude am Fisch?

In der Wirtschaftspresse liest man vornehmlich von Abzockern und fehlender Ethik; stets von Neuem werden jene gegeisselt, die als Minorität das Bild des Managers derart zur Geldmaschine degradieren, dass kaum noch ein guter Faden an diesem Berufsstand bleibt. Wieder fatal. Denn wie schade ist es doch um all die über 99% Unternehmen der Schweiz - den KMU - deren Managerinnen und Manager mit Eigenkapital, Selbstverantwortung, grossen Visionen und viel seriöser Arbeit das so ganz andere Bild der "wirklichen Wirtschaftsmacht" einer Schweiz der Innovationen ausmachen. Only bad news are good news, eben. Und schliesslich mag man sich deshalb auch kaum mehr wundern, weshalb so wenige Schweizer Männer und praktisch keine Frauen - überhaupt noch zu den CEO-Sesseln unserer Firmen streben. Es wird vermehrt englisch und hochdeutsch gesprochen auf unseren Chefsesseln – und selbst die Experten auf staatlichem Sender sind augenscheinlich männlich, deutsch, unerschrocken und – wie der Blitz wieder weg, sollte das Image gefährdet oder beschädigt werden.

Und auch die Politik macht’s vor: da werden nun auch bereits anständige Argumentatorinnen zu Agressoren – so liest man in der Presse, wie die bislang zurückhaltend-fundierte SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer mit Bundesrat Christoph Blocher hart ins Gericht geht; Im Zusammenhang mit der anvisierten Stärkung der Aktionärsrechte und mehr Transparenz in den Führungsetagen der Wirtschaft kanzelt sie denn auch den Leiter des Justizdepartements als "lendenlahmen Verwalter" ab. Oh weh. Denn wenn man andern Kraft und Potenz abspricht, spricht man doch meistens mehr über das eigene Manko von "Wollen und Können" im Allgemeinen und den eigenen Stil der politischen Argumentation im Speziellen. Was bislang der SVP an Stillosigkeit vorgeworfen wurde - wurde zur Benchmark für die andern.

Wo soviel Negativität, Freudlosigkeit und Degradierungspower vorherrschen, da wird es eng, sich einfach wieder einmal von Herzen zu freuen. Ueber das eigene Leben, den Erfolg, den blauen und ach so trivialen Himmel, der nach Sommer riechenden Luft! Zuviele Wohlstandsblähungen eines Landes, das vor lauter Saturiertheit und Schwerenötern alles vergisst, was es lebenswert macht.

Wiewohl tun da ein paar Bonmots und kabarettistische Einlagen eben jener Bundesratspartei, die wenigstens ab und zu dennoch ein Schmunzeln auf unser Gesicht zaubert: etwa, wenn aus dem Kuriositätenkabinett - vielleicht aus der parteiinternen PR-Abteilung - ein vermummter Polizist vor die Kamera huscht und im Anzug aus dem Hobby-Markt sehr Politisches zum Besten gibt. Oder wenn da gar ein rund acht Meter hohes und fünf Tonnen schweres Trojanisches Pferd auf den Bundesplatz geschoben wird, aus dessen Bauch dann - getreu der historischen Vorlage - einige Menschen springen, welche als Botschafter politischer Idee dienen. Fast möchte ein Christoph Schlingensief neidisch werden - schwiege da nicht - im Gegensatz zu ihm - die Presse vornehm vor sich hin.

Es ist ein Neid und Jammern auf höchstem Niveau in der Schweiz, als ob der liebe Gott gestorben wär - so möchte man Else Lasker-Schülers Gedicht mutieren. Schade um alle die Innovatoren, Motivatoren, Zukunftsvisionäre und Menschen voller Seele und Unternehmertum! Wir haben es in der Hand: mit dieser Kraft und diesem Gestaltungswillen in die Zukunft - oder mit wohlstandsblähenden Botschaftern egal welcher Provenienz in die Depression! Packen wir die Zukunft an und - stellen wir alles andere ab!

 

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