Herausforderung auf dem PolitparkettKolumne in: Neue Luzerner Zeitung, NLZ
Darf er oder darf er nicht? Vor laufenden Kameras begrüsste Bundeskanzler Schröder-Köpf die Einmischung seiner Frau Doris in den Wahlkampf und sagte beinahe pathetisch: "Ich bin stolz darauf, dass sie sich auf diese Weise einmischt. Sie lebt das, was sie sagt, und das ist nicht zuletzt der Grund, warum ich sie liebe." So gehört und gesehen im berühmtem TV-Duell mit glänzender Herausforderin Angela Merkel am letzten Sonntag.
Dies war der zweite Schrei, der durch die Reihen ging.
Der erste war Doris Schröder-Köpfs Kritik an Merkels Familienpolitik. Da wagte es Frau Bundeskanzlergattin, aus dem ehelichen Schatten herauszutreten und mit rhetorischen Fragen ins Schwarze zu treffen: "Was hat sie denn als Frauenministerin von 1991 bis 1994 in der Regierung Kohl wirklich bewegt?" Sie griff die Kontrahentin ihres Gatten diametral an. Das sass. Zugleich sprach sie Angela Merkel mit ihrer Biografie die Erfahrung ab, welche Frauen hätten, die Kinder erziehen und gleichzeitig ihrem Beruf nachgehen und meinte lakonisch: "Das ist nicht Frau Merkel Welt."
Im Tandem begab sich das Kanzlerehepaar aufs Glatteis. Die Ehefrau, die mutig in Erscheinung trat und medial wirksam angriff, als ihr Kanzlergatte auf Wahl-Messerschneide stand. Der Kanzlergatte, der es wagte, seiner Frau just dann eine Liebeserklärung vor einem Millionenpublikum zu machen, als er verunsichert mit dem Rücken zur Wand stand und spürte, dass ihm nicht mehr viel Zeit zum Erklären bleibt.
Nun, während man dem TV-Duell bereits betonte Langeweile unterschiebt und auch schon wieder den neuen Anstand und die für deutsches Politspektakel sonst seltene Sachlichkeit rügt, freut oder ärgert man sich über soviel Persönliches.
Hochverehrte Kommentatorin und Feministin Alice Schwarzer: nein, Doris Schröder-Köpf ist nicht nur Hausfrau (die "ihren Beruf für den Job einer Hausfrau aufgab") und Vertreterin der angeblich althergebrachten und überholten Rollenmodelle. Das wäre doch etwas gar einfach. Doris Schröder-Köpf ist vermutlich sogar der zweite Kopf hinter ihrem Kanzlergatten. Ein gescheiter und tüchtiger Kopf, der jetzt, im Entscheidungsmoment für einmal nicht zurückhalten konnte. Die Frau hat mehr drauf und bewiesen, dass sie Kind und Karriere, alleinerziehende Mutter im journalistisch engagierten Umfeld und mitsamt Kanzlerehemann im medialen Kreuzfeuer managen kann.
Diese Frau steht für alle tüchtigen Ehefrauen erfolgreicher männlicher Würdenträger dieser Welt, die seit jeher beweisen, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine starke Frau steht. Ausnahmen bestätigen lediglich die Regel. Gültig für Wirtschaft, Politik, Oeffentlichkeit. Und absolut verbreitet in Gesellschaften unserer Prägung... .
Dagegen verkörpert auch Dr. Angela Merkel, verheiratet mit einem der renommiertesten Wissenschaftler und Professoren, kinderlos und ihrer ausschliesslichen Welt der Karriere verpflichtet - ebenfalls einen wachsenden repräsentativen Teil der Frauenrealität heute.
Beide Lebensmodelle obliegen der Wahlfreiheit der heutigen Frau, geschafft nach 2000 Jahren Befreiungskampf. So. Dass Feministin Schwarzer nun gerade die Kanzlergattin zur Hausfrau zurückstuft und sie primär zur "stolzen Frau an der Seite eines bedeutenden Mannes" herabsetzt, mag erstaunen.
Dass nun auch des Kanzlers Liebeserklärung von ihr als "Kitsch pur" deklassiert wird, erstaunt schon nicht mehr.
Nein, liebe Alice Schwarzer: ich weiss nicht, wie weit Sie Liebeserklärungen überhaupt zu deuten vermögen. Aber bei mir kam sie gut an. Da hat ein Kanzler den Mut, seiner Frau, die ihm all die Jahre getreu und loyal zur Seite stand, den Rücken zu stärken, ihr seine Solidarität zu bezeugen und Liebe zu erklären.
Und nun ist es auch wieder nicht recht. Waren und sind es nicht alle die feministischen Vorwürfe an die Männer dieser Welt, dass sie von den Frauen nehmen und selber nichts geben? Dass sie Frauen als Nachtschattengewächse im Hintergrund halten und im Vordergrund mit dem glänzen, was sie von Frauen gelernt haben? Man sprach in diesem Zusammenhang von Autisten, Egoisten und grenzenlosen Männern - nun kommt da einer, erklärt das Gegenteil und - wird zum Kitsch erklärt.
Man kann es mögen oder nicht, eines bin ich mir sicher: Menschen, die zu Menschen stehen, haben immer gute Karten. Männer, die ihre tüchtigen Frauen offiziell loben und deren Leistung öffentlich und medial wirksam bekanntmachen, sind gute Männer, die uns in relevanten Aemtern unserer Gesellschaft gut tun. Die andern sind kein Wort wert.
Warten wir also ab. Ob das Ehepaar Schröder-Köpf oder Dr. Angela Merkel mit professoralem Ehemann obsiegt wissen wir innert Kürze. Beide verkörpern moderne und tragfähige Partnerschaften.
Alice Schwarzer hat inzwischen noch kurz Zeit, über Feminismus und überholten weiblichen Machismo nachzudenken und auch einer klugen und für den Erfolg ihres Mannes unverzichtbaren tüchtigen Kanzlergattin noch rasch die Ehre zu erweisen.
Dies müsste im Wahljahr der vermutlich ersten Frau ins deutsche Kanzleramt drinliegen...