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Ein chinesisches Sprichwort lautet: „Jedes Ding hat drei Seiten. Eine, die du siehst. Eine, die ich sehe. Und eine, die wir beide nicht sehen.“

Und genau hier tritt „Agile Leadership“ in Kraft: Es ist die höchste Form einer Survival-Fähigkeit, sich im rasant verändernden Umfeld des digitalen Zeitalters als „worker in progress“ zu verstehen. Agil, flexibel, dynamisch und permanent „aware“ – mit höchster Aufmerksamkeit – sofort auf die sich permanent bewegenden Rahmenbedingungen einzupendeln und auszutarieren.

Es ist die Verabschiedung alter Führungsprinzipien und Pauschallösungen, es ist das Loslassen von „Ego-Status“, „command/control“, von Zögern und gezielter Fehlervermeidung.

„Agile Leadership“ ist ein Mindset, das mit einer offenen Toolbox von Coaching-Werkzeugen bemüht ist, sich verdichtende Komplexitäten zu managen.

Eine Fehlerkultur ist hierin zentral: Man kann die empirische Methodik von „try and error“ anwenden, indem man, gestützt auf zuverlässige Daten und Fakten, rasch entscheidet, Fehlentscheide unverzüglich korrigiert und – kommuniziert. Indem man das Gelernte fortlaufend in neue Prozesses einbezieht und so permanent optimiert. Diese Grundhaltung, dass Fehler sehr bewusst zur „Lernenden Organisation“ und zu „Lernenden Teams“ gehören, will man Excellenz aufbauen, ist essentiell. In der Schweiz gilt noch immer primär die Fehlervermeidungsstrategie, ergo verharrt man tendenziell lieber im Status quo, als diesen aufzubrechen.

Agile Leadership baut Wissen gezielt auf dem kollektiven Schatz der Erfahrung und des Wissens von Teams und einzelnen auf, die permanent lernen – primär aus Fehlern – und das Gelernte systematisch weitergeben, darüber kontinuierlich sprechen, die „Learnings“ sozusagen zum Motor der Innovation von ganzen Teams und Organisationen machen.

Agile Elemente sind aber auch kreative, „out of the box“-Visualisierungen, Retrospektiven, delegierte Teamentscheide, iterative Planung, Stand-up-Meetings, permanente Interaktion mit dem Team, ein ausgeprägtes „WIR-Denken“, kontinuierlicher Wissensaustausch, Team-Entwicklung auf allen Ebenen, Sparring-Partnerschaften, Mentoring und schliesslich das Vermitteln, dass NICHT die Position in erster Linie zählt, sondern die Rolle jedes einzelnen. Und diese kann sich rasch wieder ändern.

Ein „agiler Leader“ hat die delikate Aufgabe, sich selbst hierin überflüssig zu machen und sein Team zu befähigen, diese „dritte Seite – die wir alle nicht sehen“ – durch eine Grundsatzhaltung der Offenheit für Neues, kritisches Hinterfragen, flexible Rollen und Strukturen, durch konstruktive, kritische Feedbacks und permanente Weiterbildung zu generieren.

„Leaders don’t create followers. They create Leaders" - so Tom Peters1.

Wie kann das gelingen?

Aus meiner Sicht müssen die Rahmenbedingungen so gegeben sein, wie sie Google in seinen High-performing-Teams evaluiert hat:

Der Nährboden für «Agile Leadership» wird gebildet von einer Organisationskultur, in der fünf Prämissen gegeben sein müssen:

  1. Psychologische Sicherheit – Mitarbeitende müssen ein tiefes Vertrauen in ihr Unternehmen haben, um Risiken einzugehen, Neues zu wagen und Fehler machen zu dürfen.

  2. Team-Kohärenz getragen von gegenseitigem Vertrauen – was nur mit einer zuverlässigen Führung und permanenter Team-Entwicklung und Team-Kommunikation möglich ist; Es ist dies ein klarer top-down-Ansatz.

  3. Klare Strukturen und Rollen – Es braucht die «Leitplanken» von Strukturen und Rollen als Kompass für jeden einzelnen auch in kurzen Leistungsphasen, damit sich das Team immer wieder neu formatieren kann

  4. Purpose ist klar – jeder einzelne Mitarbeitende sieht den Sinn in seiner Arbeit, Rolle und weiss, warum er dafür arbeitet

  5. Selbstwert – jeder weiss, dass sein Beitrag einen echten Unterschied macht und dass er NICHT ohne weiteres ersetzbar ist. Diese Prämisse wird in der Praxis in der Regel unterschätzt, zu wenig betont, kann mit der Erarbeitung des «USP’s» jedes Team-Mitglieds effizient herausgeschält und kommuniziert werden2.

Um ein «Agile Leader» zu sein, müssen also enorme Voraussetzungen erfüllt sein.

Auf der Basis von Selbstreflexion, dem Kennen von Stärken und Schwächen, eigenen psychologisch bedingten Verhaltensweisen, einer hohen Empathie für Menschen, Teams, Kultur Kontext und Situationen, muss ein Agile Leader den Spagat zwischen alter Führung (Leitplanken setzen) und agiler Führung (Loslassen auf dem Weg zum Ziel) und seinen Ego-Status verabschieden.

Er versteht sich als Sparring-Partner seiner Teams, als «Enabler», als Entwickler von Excellenzen, als Team-Entwickler, Kommunikator; er informiert Komplexitäten vereinfacht und ist im wahrsten Sinne der Definition ein Dialektiker zwischen zwei grundsätzlichen Führungsphilosophien: alt- neu. Er muss sofort entscheiden, wer, was braucht, um als Innovator und Generator von raschen, agilen, mutig neuen und innovativen Lösungen zu triggern.

Der «Agile Leader» ist getragen von persönlicher Reife und äusserster Differenziertheit in seinem Selbst, seiner Rolle und seinem Auftrag.

Ein spannender Weg der Persönlichkeitsentwicklung kann in Kürze etappenweise erzielt werden durch die Begleitung von Mentoren und Executive Coaches, die intensiv challengen und mittels aktueller case studies, Mindsets und Frameworks agiler Führung generieren. Es braucht dabei enorm Selbstvertrauen und Mut, sich selbst überflüssig zu machen, um den nächsten Schritt in neue Rollen jederzeit zu wagen. All das und mehr ist «Agile Leadership».

Ihre
Dr. Sonja A. Buholzer, Zürich
www.sonjabuholzer.ch/www.vestalia.ch

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1 Peters, Tom. The Little Big Things. 163 Ways to Pursue EXCELLENZ. Gabal, 2012.
Siehe besonders: Puckett, Stefanie, Neubauer Rainer M.: Agiles Führen. Führungskompetenzen für die agile Transformation. BusinessVillage, Göttingen, 2018.

 

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