Er träumt davon, Herr über seine Zeit zu sein. Seit langem schon.
Manchmal, wenn er kaum mehr kann, blickt er über seine randvolle Agenda und überlegt sich, wieviel ihm wohl davon noch bleibt. Von seiner Zeit. Vor seinem Auge alle die wichtigen und richtigen Termine im Geschäft mit lauter wichtigen und richtigen Leuten, die ihm helfen, zumindest seine eigene Wichtigkeit zu spüren. Er weiss es schon. Doch tun es alle...

Doch manchmal, da packt ihn das nackte Sein vor jedem Schein. Und er erkennt, wie er seine höchste Freiheit, Herr über seine Zeit zu sein, einfach vertut. Wenn sich sein Herz meldet, seine Angst vor demselben jähen Tod wie dem seines Bürochefs, die Panik vor Entlassung, weshalb er schon länger nur noch kurze Ferien bucht. Durch die Schrecklichkeit der Erkenntnis, dass er im Falle seines Ablebens sofort ersetzt wäre (sie warten darauf...) und er nur eine Lücke fehlender Einarbeitungszeit hinterliesse, da spürt er etwas Leben. Leben in Opposition. So, als wäre da noch ein Flämmchen, das auch einem über fünfzig-Jährigen sagte, dass er sich inmitten seiner goldenen Jahre befindet. Und ihm zuruft: Zeit der Ernte! Zeit der Herrschaft über die eigene Zeit! Zeit des Sinns und Zeit der Fülle! Und er erkennt, dass er nicht nur die Weisheit eines halben Jahrhunderts, dessen Erfahrung und Reife mitbringt, sondern auch eine Persönlichkeit, die niemals ersetzbar ist. Wer etwas anderes behauptet, hat nichts gelernt und irrt.

Er gehört zu jenen, über die gerade im Radio gesprochen wurde. Sein Arbeitgeber, ein namhafter Konzern, hat das seltsame Leiden der Aelteren erkannt und stellt ihnen jetzt einen Fachmann zur Seite. Er ist beauftragt, für sie zu sorgen. Dass sie sich nicht sorgen. Um ihren Arbeitsplatz. Während sie auf Urlaub sind. In ihrer Abwesenheit, wenn sie auf Konferenz geladen werden. Ihr Stuhl wird noch frei sein, wenn sie zurück sind. Sie werden noch auf dem Verteiler stehen und nicht im Offside. Soweit sind wir also gekommen.

Auch er wird aktiv: Er stoppt per sofort die grausame Sitte, wonach seine Sekretärin Tag für Tag seine Agenda "managt" und ihn von Termin zu Termin schickt.

Er stoppt damit auch die Unsitte, sich zu "Business-Lunches" jagen zu lassen. Jenen unsittlichen Sprech-Ess-Hochburgen, bei denen weder das Sprechen recht noch das Essen echt gelingen will. Und die Anhäufung falscher Gewichtigkeit, ungesund und unattraktiv werde damit auch gleich gebremst. Gesunde Ernährung und die dafür erforderliche Zeitplanung sind gefragt.

Er stöbert im Netz. Stösst auf eine Firma. Sie bietet in ihrer Bürokonzeption Work-Life-Balance-Lösungen an, die atemberaubend wirken: Nicht nur entdeckt er, wie wichtig Regeneration im Büro ist. Er entdeckt auch "Cocons", innovative Liegen mit Baldachin, die der gestresste Mann über sein Haupt ziehen kann, will er sich für Minuten vom Tagesgeschäft lösen. Ganze Zeiträume und Gartenhäuschen fürs eigene Büro - untermalt mit lauschigen Klängen vom Bergbach sollen namhafte Konzerne bereits in der Schweiz und in Deutschland anbieten. Burn out ist out, prophylaktische Anti-Burnout-Aktivitäten sind in. Das stimmt versöhnlich.


Zusammengefasst: Wir alle haben es in der Hand zu bestimmen, welche Schlüsselbereiche wir in der uns unbekannt langen oder kurzen Zeit zwischen Geburt und Tod pflegen und gestalten. Menschen mit Stresssymptomen sind moderne Sklaven, die sich jederzeit aus der lebensverkürzenden Abhängigkeit befreien können. Vorausgesetzt, sie nehmen den Standpunkt der Selbstverantwortung wahr und werden aktiv. Es sind bereits kleine Verhaltensänderungen, die den Durchbruch zur Herrschaft über die eigene Lebenszeit bringen können.
Wir alle, Frauen und Männer, müssen aus gesunder Distanz heraus eine neue Agendaführung lernen. Diese heisst nicht mehr "Zeit-Management" sondern vielmehr "Lebenszeit-Management" und führt sich nach selbstverantwortlichen und willentlich gewählten Kriterien. Nur damit lässt sich Karriere unter dem Titel "Erfolgreich sein, Spass haben und fit bleiben" machen. Das lässt sich lernen.

 

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